16.07.2021 | OLG Frankfurt: Anspruch auf Verdienstausfall wegen fehlendem Betreuungsplatz

Gem. § 24 Abs. 2 SGB VII hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahr einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege. Das OLG Frankfurt hat in seinem Urteil vom 28.05.2021, Az. 13 U 436/19, den beklagten Landkreis als Träger der Jugendhilfe wegen verspäteter Zurverfügungstellung eines solchen Platzes zum Ausgleich des erlittenen Verdienstausfalls der Mutter von über 23.000,00 EUR verpflichtet.

Der zur Verfügung gestellte Betreuungsplatz muss dem konkret-individuellen Bedarf des Kindes und seiner Eltern in zeitlicher und räumlicher Hinsicht entsprechen. Vor diesem Hintergrund sei ein Betreuungsplatz, bei dem die Mutter eine Fahrzeit von ihrem Wohnort zum Betreuungsort von rund 30 Minuten in Kauf nehmen müsse, nach Auffassung des OLG Frankfurt unzumutbar, insbesondere dann, wenn bei der Berechnung der Fahrtzeit die erhebliche Verkehrsbelastung in den üblichen Bring- und Abholzeiten nicht berücksichtigt sei. Als Zumutbarkeitsgrenze gelte eine Fahrtzeit von 30 Minuten als grober Richtwert, wobei stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien.

Da der beklagte Landkreis keinen zumutbaren Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt habe, läge eine Amtspflichtverletzung vor, so dass er gem. § 839 Abs. 1 S. 1BGB i.V.m. Art 34 GG zum Ersatz des entstandenen Verdienstausfall verpflichtet sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der beklagte Landkreis hat Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH unter dem Az. III ZR 91/21 eingelegt